Sommerprognose 2012

Nach den alljährlichen treffsicheren Winterprognosen wagt unser Saalfeldner Wetterspezialist, Herr Hofrat Dipl.Ing Nöbl, wieder eine langfristige Vorhersage für den Sommer 2012.


Sommerprognose 

Temperaturrhythmus und Prognose:
Der Sommer 2012 ist lang. Er beginnt frühzeitig im Mai (eigentlich schon Ende April mit den ersten Sommertagen) und endet spät (Mitte September). Dazwischen liegt aber auch eine lange Schlechtwetterperiode von der 3. Junidekade bis zur 2. Julidekade (der Sommer macht einen ganzen Monat Urlaub). 

Mai bis zweite Junidekade
niederschlagsarm, das Niederschlagsdefizit erreicht in der ersten Junihälfte seinen Höhepunkt, in Gebieten mit wenig Winterniederschlag herrscht Trockenheit, die schneereichen Regionen, wie der Pinzgau, sind durch hohe Bodenfeuchtigkeit begünstigt. Die Temperaturen sind überdurchschnittlich hoch, ein kleiner Einbruch ist nach der Temperaturkurve zu den Eismännern zu erwarten. Fröste sind aber nicht mehr wahrscheinlich. Von Ende Mai bis Mitte Juni sind weitere Temperaturrekorde möglich.
Landwirtschaft: ideale Bedingungen für die Heuernte, das Graswachstum auf den Almen ist durch die hohe Wärme und große Bodenfeuchtigkeit vom Winterschnee her hervorragend. Der Almauftrieb verzögert sich nicht durch die lange Schneebedeckung.
Freizeit: ideales Bade- und Wanderwetter mit nur geringer Gewittergefahr, allerdings schmilzt der Schnee im Gebirge erst im Mai und die Seen erwärmen sich nur langsam.

ca. 20. Juni bis ca. 20.Juli
niederschlagsreich und kühl, der Sommer macht einen Monat lang Pause. Durch die starke Überhitzung des Kontinents entsteht ein hohes Temperaturgefälle zum Atlantik. Tiefer Luftdruck am Kontinent und hoher über dem kühleren Meer bewirken West- bis Nordwestströmungen, die den Kontinent mit feuchten und kühlen Nordatlantikluftmassen überschwemmen, die sich noch dazu an den Alpen stauen. Dieser sogenannte "Sommermonsun" wird das Niederschlagsdefizit der vergangenen Monate auffüllen. Gleichzeitig erreicht jetzt die Fichte, die bereits in allen Höhenlagen ausgetrieben hat, die höchste Verdunstungskapazität, sodass schon bei jeder größeren Tageserwärmung die hohe Luftfeuchtigkeit für Niederschläge durch örtliche Wärmegewitter sorgt.
Freizeit: "Wanderwetter mit Regenbekleidung"

Ende Juli bis Anfang September:
Der Hochsommer von Ende Juli bis ca. 20. August weist zwar überdurchschnittliche Temperaturen auf, aber jede Überhitzung führt sofort zur Ausbildung von lokalen Wärmegewittern, die für große Niederschlagsmengen sorgen (besonders niederschlagsreich Anfang August). Die Gewitterhäufigkeit ist hoch, wobei an zwei bis vier Tagen schwere Gewitter mit hohen Niederschlägen und zweimal solche mit Hagel auftreten können.
Von Ende August bis Anfang September herrscht stabiles Schönwetter vor.
Freizeit: beim Baden und Wandern ist bis ca. 20. August die Unwettergefahr an den Nachmittagen und Abenden zu beachten. Das Pilzwachstum ist heuer hervorragend: neben den Eierschwammerln ab Mitte Juli ist im August auch noch eine große Herrenpilzserie zu erwarten.

Mitte September:
Die Temperaturprognose deutet auf einen Kaltlufteinbruch Mitte September, der den Sommer endgültig beendet. In den Vergleichsjahren sind diese Einbrüche, die den ersten Schnee im Gebirge bringen, im Zeitraum letzte Augusttage bis Mitte September zu finden (für heuer ist der Zeitraum von 5. bis 15. September wahrscheinlich)

Ende September bis Oktober:
Ruhiges störungsarmes Herbstwetter mit durchgehend überdurchschnittlichen Temperaturen und geringen Niederschlägen bis Anfang November, häufige Nebelbildung.
Freizeit: ideales Wanderwetter

Nachwort des Verfassers:
Bei der Langfristprognose, besonders jener über den Sommer, ist maximal eine Trefferquote von 80% zu erreichen, das heißt, dass für den Zeitraum von 6 Monaten mehr als ein Monat vollkommen falsch sein müsste. Wünschenswert wäre es daher heuer, wenn die Juliprognose falsch wäre. Auch denke ich mir: "Nur weil ich gern in die Schwammerl gehe, hätte ich nicht so viel Regen für den Sommer ansagen müssen, ein paar stärkere Gewitter hätten auch schon gereicht!"




Die Auswirkungen des Waldes:
Die Auswirkungen des Blühjahres 2011 reichen bis in das Frühjahr und den Frühsommer des heurigen Jahres. Im vergangenen Jahr gab es bei der Fichte einen verminderten Austrieb durch die Bildung von Blütenknospen. Die Trockenheit führte dazu, dass nicht nur der älteste Nadeljahrgang abgefallen ist, sondern noch ein weiterer. Durch den vielen Schneebruch im heurigen Winter vermindert sich der Ast- und Nadelanteil des Waldes zusätzlich, sodass im Frühjahr und Frühsommer der Höhepunkt der verminderten Verdunstungsmöglichkeit des Waldes erreicht wird. In Regionen mit wenig Winterschnee wird daher heuer im Mai und Juni der Höhepunkt der Trockenheit erreicht.
Im Pinzgau sowie im gesamten Nordalpenbereich, von Arlberg bis ins Salzkammergut, ist der Boden durch die Schmelze des Winterschnees (bis 500mm) so feucht, dass ein Niederschlagsdefizit im Frühjahr keine negativen Auswirkungen hat. Bis zur Sonnenwende im Juni haben alle Fichten, auch in Hochlagen, ausgetrieben und es setzt die volle Verdunstung ein. Die Nadeln des jungen Austriebes können wesentlich mehr Wasser verdunsten als die alten. Eine Fichte verdunstet, solange die jungen Triebe unverholzt sind, an die 200 Liter pro Tag, was natürlich stark zur Erhöhung der Luftfeuchtigkeit, der Niederschlagsmengen und der Gewitterbildungen beiträgt.

Das Pilzwachstum:
Blühjahre wie 2011 sind keine guten Pilzjahre, weil sie meist trocken sind und auch eine geringere Anzahl von Gewittern aufweisen. Das Pilzmyzel kann teilweise austrocknen und es bekommt von den Baumwurzeln, mit denen es in Symbiose lebt, zu wenig Nährstoffe, um Fruchtkörper zu bilden. Sowohl die Pilze als auch die Bäume sind in ihrem Wachstum beeinträchtigt. Heuer ist genau das Gegenteil der Fall. Durch nicht verbrauchten Rohhumus und zusätzliche Ansammlung von Nadeln und Zapfen steht eine überdurchschnittliche Menge an Nährstoffen zur Verfügung. Durch die hohe Winterschneedecke ist nach der Schmelze keine Austrocknung des Bodens zu erwarten und es sind die besten Voraussetzungen für das Pilzwachstum gegeben. Eine hohe Gewitterzahl sorgt nicht nur für Niederschlag, sondern auch für eine zusätzliche Stickstoffdüngung aus der Luft. Pilze und Bäume haben ideale Wachstumsbedingungen. Die Eierschwammerl sind ab Mitte Juli bis in den September mit Schwerpunkt in den Höhenlagen zwischen 1200 m und 1600 m zu finden, die Herrenpilze ab Anfang August, wobei durch starke Gewittertätigkeit in der 34. Woche eine große Herrenpilzserie einsetzt, die bis in den September anhält. Bei diesem großen Pilzangebot ist besonders auf die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstsammelmenge pro Person und Tag von 2 kg zu achten, um nach einer erfolgreichen Ernte nicht eine böse Überraschung zu erleben!

Die Ausgangslage für eine Sommerprognose:
Aufgrund der großen Schneemengen, die in den Höhenlagen erst im Mai abschmelzen, ist der Boden bis weit in den Sommer hinein komplett durchfeuchtet und die Verdunstung liefert hohe Luftfeuchtigkeit für lokale Niederschläge. Diese hohe Feuchtigkeit betrifft aber nur den Nordalpenraum, denn in den angrenzenden Teilen des Kontinents und auch im gesamten Osten und Süden von Österreich besteht ein großes Niederschlagsdefizit. Die vom Meer herangeführten Luftmassen trocknen daher auf dem Weg zu uns ab und bringen nur wenig Niederschläge. Erst eine grundlegende Wetterumstellung Mitte Juni kann diese Situation ändern. In dieser Zeit hat sich der Kontinent bereits so erwärmt, dass ein großer Temperaturunterschied zum Meer entsteht. Die Folge davon ist tiefer Luftdruck am Kontinent und hoher am Atlantik, sodass die atlantischen Strömungen aus West und Nordwest verstärkt werden und der Kontinent mit feuchtkühler Meeresluft überschwemmt wird. Dieses Phänomen wird als "Sommermonsun" und in den Bauernregeln als "Schafskälte" bezeichnet.
Auch die Vegetationsentwicklung im Frühjahr kann für eine Sommerprognose herangezogen werden. Eine frühe Entwicklung deutet auf einen sonnenreichen, niederschlagsärmeren Sommer hin, eine späte Entwicklung auf große Niederschläge, die extremen "Spätjahre" mit bis zu 14 Tagen Vegetationsverzögerung bringen sogar vermehrt Hochwässer und Muren. In dieser Entwicklung im Frühjahr gibt es auch eine Wetterregel und zwar:"Eiche vor Esche - große Wäsche; Esche vor Eiche - große Bleiche". Die Eiche als Tiefwurzler findet in der Tiefe des Bodens immer dieselben Temperaturverhältnisse vor, während die Esche als Flachwurzler auf die Temperatur des Oberbodens reagiert. Ist dieser warm und trocken, treibt sie früher aus ("Bleiche"), bei kühlem nassem Oberboden treibt sie später ("Wäsche"). Zur Bestimmung der Oberbodentemperatur kann auch die Blüte des Löwenzahns herangezogen werden. Der Beginn der Löwenzahnblüte erfolgt nach der Kirschblüte und vor der späteren Apfelblüte. Ist die Löwenzahnblüte früh und liegt nahe der Kirschblüte, dann ist der Boden warm und abgetrocknet, bei später Blüte in der Nähe der Apfelblüte ist er feucht und kühl. Die heurige Entwicklung ist ausgeglichen: Esche und Eiche treiben gleichzeitig und die Löwenzahnblüte liegt genau zwischen Kirsch- und Apfelblüte. Dies deutet weder auf ein Dürrejahr noch ein extremes Hochwasserjahr, in abgeschwächter Form ist aber beides zu erwarten: "Bleiche Ende Mai bis Mitte Juni und Wäsche Ende Juni bis Juli".

Die Bienen:
Trotz des kalten Februars und der großen Schneemengen bis Ende März ist die Entwicklung der Bienenvölker sehr weit vorangeschritten und weist gegenüber anderen Jahren mit früher Vegetationsentwicklung gar keinen Rückstand auf. Im April schon waren sehr viele Drohnen vorhanden, was auf eine frühzeitige Schwarmstimmung schließen läßt. Die Bienen erwarten einen schönen Frühsommer bis etwa Mitte Juni, bis wohin sie die gesamten Wintervorräte einbringen müssen, denn danach wird nichts mehr zu holen sein. Deshalb müssen auch die Schwärme sehr früh fallen, um noch genügend Nektar zu sammeln, denn sie rechnen ja ihrem Instinkt nach nicht mit dem Imker, der mit Zuckerwasser nachhilft.

Die Vergleichsjahre:
Ein Vergleichsjahr, welches exakt genau wie heuer hohe Winterniederschläge, einen kalten Februar und ein niederschlagsarmes Frühjahr aufweist, war in den letzten 10 Jahren nicht zu finden. Nach einem schneereichen Winter folgt meist eine Vegetationsverzögerung im Frühjahr und ein verregneter Sommer (auch mit vielen Gewittern an den wärmeren Tagen) bis hin zum Hochwasserjahr. In jenen Jahren, wo die großen Schneemassen im Gebirge noch im Mai abschmelzen und der Boden etwas abtrocknen kann, wird die Tendenz zum Sommerschlechtwetter abgeschwächt, die Tendenz zu zahlreichen Gewittern bleibt erhalten und schwere Gewitter mit teilweise Hagel sind in der zweiten Julihälfte und ersten Augusthälfte häufig (mindestens 3 mal schwere Gewitter und 2 mal Hagel). Die Vegetationsentwicklung hat heuer besonders Ende April stark aufgeholt und liegt bereits eine Woche vor dem langjährigen Durchschnitt (40 Jahre) bzw. genau im Mittel der letzten 20 Jahre (mit Klimaerwärmung). 

©   Dipl.Ing. Nöbl, Saalfelden